Türkischstämmige Unternehmer informierten über Aus- und Bildungschancen
Was haben die Rechtsanwältin Melisa Ergül-Puopolo, die Polizeikommissarin Zehra Gündogdu, der Unternehmer Dr. Bülent Emekci und der Geschäftsführer Ahmet G. Gökcek gemeinsam? Sie alle haben türkische Wurzeln. Sie alle sind im Beruf erfolgreich. Und sie alle möchten anhand ihrer Erfahrungen türkischstämmigen Schülern und Schülerinnen den Weg in eine berufliche Zukunft ebnen. Einig sind sich die Unternehmer darüber, dass dafür gute Noten von Vorteil sind und die deutsche Sprache in Wort und Schrift die Grundvoraussetzung ist. Zudem ist es wichtig, sich im deutschen Schulsystem auszukennen. Doch hier herrscht oft ein Defizit. Sei es aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse oder Berührungsängsten.
"Die gibt es auf beiden Seiten", weiß Ute Zeller, Schulleiterin der Bertha-von-Suttner-Schule.
Dabei solle man Integration als Bereicherung sehen. Wer das nicht tue vergebe sich Chancen. Und das ist weder im Sinne der Schule noch der Stadt Mörfelden-Walldorf. Aus diesem Grund wurde gemeinsam mit dem Integrationsbüro, türkischstämmigen Unternehmern und der Bertha-von-Suttner-Schule ein erster Informationsabend initiiert. Gekommen waren neben den Organisatoren, Referenten, Eltern und Schülern auch Stefanie Plaum, Koordinatorin der Berufsorientierung sowie Elternbeiräte.
Türkische Unternehmer als Vorbilder
"Die Idee für einen Informationsabend entstand während der ersten türkischen Unternehmerrunde am 6. Oktober 2010", erläutert der Erste Stadtrat Franz-Rudolf Urhahn in seiner Eingangsrede. Es zeigte sich, dass häufig die Schulabschlüsse und Zeugnisnoten nicht ausreichen, um für einen Ausbildungsplatz in Frage zu kommen. Es müssen also frühzeitig die Weichen für einen erfolgreichen beruflichen Werdegang gestellt werden. Dies funktioniert nur durch gezielte Informationen darüber, wie das deutsche Bildungssystem aufgebaut ist.
"Wir haben uns bewusst dafür entschieden, vorerst einen Informationsabend für Eltern und Schüler mit einem türkischen Hintergrund zu organisieren. Die türkische Community stellt die größte Gruppe der hiesigen Migranten, die türkischen Unternehmen sind am breitesten aufgestellt und die Bereitschaft zu unterstützen ist da. Wir erhoffen uns durch diese türkischen Vorbilder, einen besseren Zugang zu den Eltern zu bekommen", sagt Urhahn.
Eltern für Bildungsweg wichtig
Dass Eltern einen großen Einfluss auf die Bildungskarriere haben, bestätigt Polizeikommissarin Zehra Gündogdu. "Meine Eltern konnten wenig Deutsch, aber sie haben immer Interesse an meinen schulischen Leistungen gezeigt. Sie waren stolz auf mich und stärkten mein Selbstbewusstsein." Der Wunsch der Tochter zur Polizei zu gehen, wurde respektiert und unterstützt. Aus Erfahrung weiß die Polizeikommissarin jedoch, dass viele Migranten ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Viele Chancen und Möglichkeiten werden nicht wahrgenommen, weil man sie nicht kenne. So suche beispielsweise die hessische Polizei verstärkt nach Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund. Denn von deren interkultureller Kompetenz kann man dort profitieren.
Als Rechtsanwältin Melisa Ergül-Puopolo 1997 ihr Abitur machte, war das noch etwas besonderes. "Ich war in diesem Jahrgang die einzige Türkin, diskriminiert habe ich mich aber nie gefühlt." Da ihre Eltern Akademiker waren, war es für Ergül-Puopolo selbstverständlich, dass auch sie studieren würde. Trotz der elterlichen Unterstützung weiß sie. "Ohne Eigenengagement gibt es keinen Erfolg".
Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg
Unternehmer Dr. Bülent Emekci ist sich sicher: "Kinder müssen motiviert werden, damit Perspektiven gefunden werden." Da er erst in der 5. Klasse nach Deutschland kam, hätte er sprachliche Schwierigkeiten gehabt. Folglich waren die Noten nicht so gut. Als er - die für ihn fremde Sprache Deutsch beherrschte, öffneten sich zuvor verschlossene Türen. "Sprache ist wichtig, nur dadurch kann man argumentieren und wird ernst genommen. Sie ist Schlüssel zum Erfolg" Jetzt möchte der Unternehmer mit dem Doktortitel etwas zurückgeben und hofft, dass Schüler von seinen Erfahrungen lernen können.
Geschäftsführer Ahmet G. Gökcek erklärte sich bereit, für eine Gruppe türkischer Schüler und deren Eltern eine Art "Patenschaft" zu übernehmen. Auch die anderen Referenten würden sich ehrenamtlich mit den Eltern in Verbindung setzen, die nicht den Weg in die Schule finden, um sich zu informieren. Vorausgesetzt sie haben daran Interesse. "Es fällt den Türken leichter, wenn sie sich mit jemanden in ihrer Muttersprache unterhalten können", lautet die gemeinsame Einschätzung. Informelle Kontakte können genutzt werden, Hürden erschienen kleiner.
Bis zum Herbst soll an einem Konzept gearbeitet werden. Peter Metz, Leiter des Integrationsbüros, ist zufrieden mit der Veranstaltung. "Das Engagement ist groß, wir hoffen nun, dass wir mehr türkische Eltern überzeugen können, sich an solchen Informationsabenden zu beteiligen und mit der Schule zu kooperieren."
Bericht: Stadtspiegel
Quelle: Stadtspiegel vom 27.07.2011